Sicherheitsausrüstung bei Renovierungsarbeiten im Wohnhaus: Was wirklich schützt

Sicherheitsausrüstung bei Renovierungsarbeiten im Wohnhaus: Was wirklich schützt
7 November 2025 0 Kommentare Lorenz Schilf

Beim Renovieren im eigenen Haus denkt man oft an Farben, neue Böden oder neue Fenster. Doch die wichtigste Entscheidung, die du vor dem ersten Schlag machst, ist nicht die Farbwahl - es ist, ob du deine Sicherheitsausrüstung richtig auswählst. Viele Heimwerker unterschätzen, wie gefährlich eine Renovierung im Altbau wirklich sein kann. Ein herabfallender Ziegel, Asbeststaub beim Entfernen alter Fußbodenplatten, oder der Lärm einer Bohrmaschine über Stunden - das sind keine Theorien, das sind Alltagsgefahren. Und sie führen jedes Jahr zu Tausenden von Unfällen, die vermeidbar wären.

Was du wirklich brauchst - nicht was du denkst

Du brauchst nicht alles, was im Baumarkt steht. Aber du brauchst das Richtige. Die Grundausstattung für jede Renovierung im Wohnhaus besteht aus vier Elementen: Helm, Arbeitsschuhe, Gehörschutz und Atemschutz. Alles andere ist optional - je nach Job.

Ein Helm ist kein Luxus. Er ist deine letzte Verteidigung, wenn etwas von oben fällt. Selbst wenn du nur im Dachgeschoss arbeitest: Holzsplitter, Schrauben, alte Ziegel - alles kann losbrechen. Ein Studium der DGUV zeigt, dass 68 % aller Unfälle bei Eigenleistungen durch das Nichttragen von Schutzausrüstung entstehen. Und das ist kein Zufall. Wer denkt, „hier ist doch nichts Hochgefährliches“, liegt falsch. In einem 1950er-Haus kann eine Wand, die du gerade abarbeitest, eine versteckte Stahlträgerlast tragen. Ein Helm kostet 20 Euro. Ein Krankenhausaufenthalt kostet tausende.

Arbeitsschuhe? Ja, wirklich. Keine alten Turnschuhe. Keine Sandalen. Sondern Schuhe mit Stahlkappe, rutschfester Sohle und durchgehendem Schutz. Warum? Weil du auf Holzdielen stehst, die nass sind, oder auf Schutt, wo Nägel rausstehen. 78 % der Heimwerker in einer Umfrage des Baumarkt-Forums nannten Sicherheitsschuhe als die nützlichste Ausrüstung. Und sie haben recht. Ein Schnitt durch eine Bohrmaschine, ein herabfallendes Werkzeug - das ist kein Film. Das passiert in Sekunden.

Der unsichtbare Feind: Staub und Schadstoffe

Wenn du in einem Haus aus den 60er- oder 70er-Jahren renovierst, dann arbeitest du nicht nur mit Holz und Ziegel. Du arbeitest mit Chemie, die nicht mehr sichtbar ist. Asbest war bis 1993 in vielen Bauprodukten erlaubt. In Dachplatten, Isolierungen, Bodenfliesen, sogar in Klebern. Es sieht aus wie Staub. Es riecht nicht. Und es bleibt in deinen Lungen. Einmal eingeatmet - für immer.

FFP3-Masken sind kein Trend. Sie sind deine Lebensversicherung. FFP2 reicht nicht. FFP3 filtert 99 % der feinsten Partikel. Und wenn du bohrst, schleifst oder alten Putz entfernst, entsteht ein Staub, der so fein ist, dass er durch normale Staubmaske einfach hindurchgeht. Experten wie die TU München warnen: Langfristige Feinstaubbelastung führt zu Lungenkrebs, COPD und anderen chronischen Erkrankungen. Und das passiert nicht nach fünf Jahren - sondern nach einem einzigen Projekt, wenn du es falsch machst.

Wie weißt du, ob Asbest da ist? Du kannst es nicht sehen. Du musst es testen lassen. Ein Laboranalyse kostet zwischen 180 und 350 Euro. Klingt teuer? Ein falscher Schnitt in einer Wand mit Asbest kann dich oder deine Familie das Leben kosten. Und die Versicherung zahlt nicht, wenn du gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen hast.

Gehörschutz - mehr als nur lästig

Du denkst, „ich höre doch, wenn es kracht“. Das ist ein Irrtum. Dein Gehör passt sich an. Nach 30 Minuten Bohren mit einer Winkelschleifer ist dein Gehör bereits geschädigt. Und du merkst es nicht. Die Schäden sind dauerhaft. Und sie summieren sich.

Studien zeigen, dass 52 % der Heimwerker Gehörschutz tragen - aber nur die Hälfte davon benutzt ihn richtig. Oft stecken sie ihn nur in die Ohren, ohne ihn fest einzupassen. Das bringt nichts. Du brauchst entweder Ohrstöpsel aus Schaumstoff (einmalig einsetzen, dann wegwerfen) oder einen Kopfhörer mit aktiver Dämpfung. Beide sind unter 25 Euro erhältlich. Und sie retten dein Gehör. Nicht erst in 20 Jahren. Jetzt.

DIY-Arbeiter in einem Dachgeschoss, Staub und Werkzeuge um ihn herum, eine Sicherheitsausrüstung liegt bereit.

Die Regeln, die du nicht ignorieren darfst

In Österreich ist die OIB-Richtlinie 6 seit 2021 verbindlich. In Deutschland gelten die DGUV-Vorschriften. Beide schreiben vor: Wer Renovierungsarbeiten durchführt - selbst wenn er nur mit Freunden hilft - trägt die volle Verantwortung für die Sicherheit aller Beteiligten. Das heißt: Du musst nicht nur für dich sorgen, sondern auch für deine Bauhelfer. Selbst wenn sie deine Kinder sind. Selbst wenn sie „das schon oft gemacht haben“.

Die Bußgelder sind kein Scherz. Wer gegen die Vorschriften verstößt, riskiert bis zu 25.000 Euro Strafe. Und wenn jemand verletzt wird, kann es sogar strafrechtlich werden. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales sagte es klar: „Ein Nicht-Befolgen der Vorschriften kann ein Menschenleben kosten.“

Und dann ist da noch die Versicherung. Die private Haftpflichtversicherung zahlt nicht, wenn du ohne Schutzausrüstung arbeitest. Die Berufsgenossenschaft der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung hat 2023 bestätigt: 42 % aller Unfälle in Wohnhäusern während Renovierungen sind auf fehlende oder unzureichende Sicherheitsausrüstung zurückzuführen. Das ist fast jeder zweite Unfall.

Was du vorher machen musst - nicht erst, wenn du loslegst

Bevor du einen Bohrer ansetzt, musst du drei Dinge klären:

  1. Risikoanalyse: Was wird entfernt? Wo ist Staub? Gibt es Leitungen? Ist die Decke tragfähig? Mache dir eine Liste. Nicht nur im Kopf. Auf Papier.
  2. Strom abstellen: Bevor du bohrst, schneidest oder schleifst - stell den Strom ab. Nicht nur die Steckdose. Den Hauptstrom. Ein versehentlicher Kontakt mit einer alten Leitung kann tödlich sein.
  3. Belüftung: Schließe Räume nicht ab. Öffne Fenster. Nutze einen Absauger, wenn du staubintensiv arbeitest. Staub bleibt in der Luft. Und du atmest ihn ein. Selbst wenn du eine Maske trägst - zu viel Staub überfordert jede Maske.

Die DGUV bietet kostenlose Schulungsmaterialien an. 87 % der Nutzer auf Bauhelden.de sagen: „Das hat mich gerettet.“ Lade sie dir runter. Lies sie. 3 bis 5 Stunden reichen. Danach weißt du, was wirklich wichtig ist.

Auf einer Werkbank liegen Helm, Stiefel, Atemschutzmaske und ein Asbest-Test-Set, natürliches Licht.

Was du nicht brauchst - und warum

Du brauchst keinen teuren Overall. Keine speziellen Handschuhe für Tapezierarbeiten. Kein Sicherheitsgurt, wenn du nur eine Wand streichst. Die Ausrüstung muss zur Aufgabe passen. Ein Sicherheitsgurt ist nötig, wenn du auf einem Dach arbeitest. Nicht, wenn du den Boden in der Küche erneuerst.

Und du brauchst keine teuren Marken. Ein Helm von OBI oder Hornbach ist genauso sicher wie einer von 3M - solange er die CE-Kennzeichnung trägt. Die Preise liegen zwischen 15 und 40 Euro. Der Unterschied ist nur das Design. Nicht der Schutz.

Was du aber nicht tun sollst: Die Ausrüstung nur mal kurz anziehen. Oder sie auf dem Boden liegen lassen. Oder sie vergessen, wenn du „nur schnell“ etwas machst. Genau dann passieren die Unfälle.

Wie du dich und andere schützt - ohne Stress

Die beste Sicherheitsausrüstung nutzt nichts, wenn du sie nicht regelmäßig trägst. Der Trick: Mach es zur Routine. Lege dir einen kleinen Koffer mit allem vorher bereit: Helm, Schuhe, Maske, Gehörschutz. Und wenn du anfängst, ziehst du es an - wie beim Zähneputzen. Kein Nachdenken. Kein Ausreden.

Und sprich mit deinen Helfern. Sag: „Wir tragen das. Punkt.“ Keine Diskussion. Keine Ausnahmen. Denn wenn einer nachlässt, wird es zur Gewohnheit. Und dann passiert es.

Ein Heimwerker auf Reddit schrieb nach einem Unfall: „Ich habe den Helm nicht getragen, weil ich dachte, die Decke ist zu niedrig. Ein Ziegel fiel. Ich lag drei Wochen im Krankenhaus. Seitdem trage ich ihn immer. Selbst im Keller.“

Das ist die Wahrheit. Nicht die Werbung. Nicht die Theorie. Das ist das, was wirklich zählt.

Was kommt als Nächstes?

Die DGUV arbeitet an einer neuen Version der Bauarbeiten-Vorschrift, die ab 2024 speziell auf Renovierungen in Wohnhäusern abzielt. Das bedeutet: Die Regeln werden strenger. Nicht lockerer. Die Bundesregierung fördert Renovierungen, um Energie zu sparen - aber sie will nicht, dass dabei Menschen verletzt werden. Die Zahl der Unfälle steigt seit 2021 um 22 % - vor allem bei Menschen zwischen 45 und 60 Jahren. Das sind die, die am meisten renovieren. Und am wenigsten schützen.

Es ist kein Zeichen von Schwäche, Schutz zu tragen. Es ist ein Zeichen von Verantwortung. Für dich. Für deine Familie. Für die, die dir helfen. Du hast die Kontrolle. Du kannst entscheiden, ob du riskierst - oder ob du sicher bist.

Dein Haus ist dein Zuhause. Lass es nicht zu deinem Grab werden - nur weil du vergessen hast, einen Helm aufzusetzen.