Immobilienkauf in Österreich und der Schweiz: Wie sich das Notarsystem unterscheidet
Wer eine Immobilie in Österreich oder der Schweiz kaufen möchte, sollte nicht nur auf Preis und Lage achten. Der rechtliche Prozess, besonders der Notarsystem-Ablauf, unterscheidet sich grundlegend zwischen den beiden Ländern - und das kann den Kauf ganz entscheidend beeinflussen.
Österreich: Der Weg zum Eigentum ist zweistufig
In Österreich wird der Immobilienkauf nicht durch einen einzigen Vertrag abgeschlossen, sondern in zwei klar getrennten Schritten. Zuerst kommt der Verpflichtungsgeschäft - also der Kaufvertrag. Hier verpflichten sich Käufer und Verkäufer, die Immobilie zu übertragen und den Preis zu zahlen. Danach folgt der Eigentumserwerb: die Eintragung ins Grundbuch. Nur wenn der Kauf im Grundbuch steht, ist der Käufer rechtlich Eigentümer. Das ist der entscheidende Punkt. Ein Vertrag allein reicht nicht.Der Kaufvertrag muss nicht zwingend von einem Notar erstellt werden. Ein Anwalt kann ihn ebenso aufsetzen. Aber: Die Unterschriften beider Parteien müssen beglaubigt werden - und das darf nur ein Notar oder ein Gericht tun. Die Beglaubigung ist also Pflicht, nicht der Notar als Vertragsautor. Viele Käufer wählen trotzdem einen Notar, weil er den gesamten Prozess sicher und transparent gestaltet. Er prüft die Rechtslage, klärt über Steuern auf und sorgt dafür, dass alles korrekt ins Grundbuch kommt.
Die Grunderwerbsteuer liegt in ganz Österreich einheitlich bei 3,5 %. Das ist niedrig im Vergleich zu Deutschland, wo sie zwischen 3,5 und 6,5 % schwankt. Die Kosten für den Notar variieren je nach Kaufpreis, aber sie liegen meist zwischen 1 und 2 % des Kaufpreises. Wichtig: Der Kaufpreis wird im Grundbuch eingetragen. Das macht die Transparenz hoch - jeder kann nachvollziehen, was für eine Immobilie wie viel gekostet hat.
Die Schweiz: Ein Flickenteppich aus Kantonen
In der Schweiz gibt es kein einheitliches System. Jeder Kanton regelt den Immobilienkauf selbst. Das bedeutet: Was in Zürich gilt, muss nicht in Genf oder Graubünden gelten. Einige Kantone verlangen einen notariellen Kaufvertrag, andere akzeptieren auch einen einfachen schriftlichen Vertrag, solange er richtig unterschrieben ist. Der Notar ist hier oft ein Rechtsvertreter, der den Vertrag aufsetzt und beglaubigt - aber nicht immer zwingend nötig.Die Eintragung ins Grundbuch ist auch in der Schweiz entscheidend für den Eigentumserwerb. Aber: Die Dokumente, die dafür benötigt werden, variieren von Kanton zu Kanton. Manche Kantone verlangen eine öffentliche Urkunde, andere akzeptieren einen privaten Vertrag mit beglaubigten Unterschriften. Die Grunderwerbsteuer ist ebenfalls kantonal unterschiedlich - von 0,5 % bis über 3 %. In einigen Kantonen wie Zürich oder Genf ist sie höher, in ländlichen Regionen oft niedriger.
Ein großer Unterschied: In der Schweiz sind Transaktionspreise nicht öffentlich zugänglich. Nur die Eigentümer und wenige Behörden können einsehen, was eine Immobilie tatsächlich gekostet hat. Das macht die Preisfindung für Käufer schwieriger. Kein öffentliches Register, keine klaren Vergleichswerte - das ist ein echter Nachteil gegenüber Österreich.
Was Schweizer beim Kauf in Österreich beachten müssen
Schweizer Bürger, die in Österreich eine Immobilie kaufen wollen, stoßen auf eine zusätzliche Hürde: die Genehmigung der Grundverkehr-Landeskommission. Diese Behörde prüft, ob der Kauf im öffentlichen Interesse liegt. Der Grund: Österreich will verhindern, dass zu viel Boden in ausländische Hände gerät. Die Genehmigung dauert meist 4 bis 8 Wochen - das verlängert den Kaufprozess deutlich.Aber: Wer seinen Hauptwohnsitz in Österreich anmeldet, braucht diese Genehmigung nicht. Das ist ein wichtiger Ausweg für Schweizer, die in Österreich leben oder dauerhaft umziehen wollen. Auch für Erbschaften oder Schenkungen gilt diese Regel. Wer nur eine Ferienwohnung kaufen will, muss die Genehmigung beantragen - und die Chancen stehen nicht immer gut. Einige Bundesländer, wie Tirol oder Vorarlberg, sind besonders streng.
Was Österreicher beim Kauf in der Schweiz beachten müssen
Österreicher, die in der Schweiz eine Immobilie kaufen möchten, stehen vor anderen Hürden. Viele Kantone verbieten Ausländern den Kauf von Ferienwohnungen oder -häusern komplett. Andere erlauben ihn nur, wenn der Käufer eine Aufenthaltsgenehmigung hat oder den Hauptwohnsitz in der Schweiz anmeldet. In Zürich oder Luzern ist es besonders schwer, als Ausländer eine Wohnung zu kaufen, wenn man nicht dort lebt.Die Preisunterschiede sind riesig. In Zürich kostet ein Quadratmeter Wohneigentum durchschnittlich rund 10.940 Euro. In Graz, einer der günstigsten Großstädte Österreichs, liegt der Preis bei etwa 4.000 Euro. Der landesweite Durchschnitt in der Schweiz beträgt 7.486 Schweizer Franken pro Quadratmeter, in Österreich nur 4.457 Euro. Das ist kein Zufall - die Schweiz hat eine deutlich geringere Leerquote: nur 1,66 % im Vergleich zu 3,91 % in Österreich. Das bedeutet: Weniger Wohnungen, höhere Nachfrage, höhere Preise.
Digitale Prozesse: Österreich geht voran
Österreich hat in den letzten Jahren die Digitalisierung der Immobilienprozesse stark vorangetrieben. Unternehmen wie Sprengnetter und DSS entwickeln Tools, die automatisch Flächengrößen aus Maklerplänen auslesen oder Transaktionspreise aus Kaufverträgen extrahieren. Die Daten fließen direkt in die Bewertungssysteme. Das macht die Preisfindung schneller und transparenter.In der Schweiz hingegen fehlt eine solche einheitliche Digitalisierung. Jeder Kanton hat eigene Systeme, oft veraltet. Einige nutzen digitale Grundbücher, andere arbeiten noch mit Papierakten. Das behindert die Transparenz und erschwert den grenzüberschreitenden Vergleich. Auch die Bewertungsmethoden unterscheiden sich: In der Schweiz wird die hedonische Methode (die Preise anhand von Merkmalen wie Lage, Größe, Ausstattung berechnet) als Teil der Vergleichswertmethode angesehen - in Österreich genauso. Aber die Datenbasis ist in Österreich viel besser.
Währungsrisiko und langfristige Entwicklung
Ein weiterer Faktor: die Währung. Wer in Österreich mit Schweizer Franken kauft - oder umgekehrt -, trägt ein Währungsrisiko. Ein Euro, der heute 1,08 Franken wert ist, kann morgen 1,12 oder 1,04 wert sein. Das beeinflusst die Rendite bei Mieteinnahmen oder beim späteren Verkauf. Viele Schweizer, die in Österreich investieren, nutzen daher Finanzprodukte, um sich abzusichern.Die Neuerrichtungsrate zeigt auch einen klaren Unterschied: In Österreich wurden 2020 durchschnittlich 10,9 Wohnungen pro 1.000 Einwohner gebaut. In der Schweiz waren es 2021 nur 5,7. Das bedeutet: Österreich baut deutlich mehr - und hat damit mehr Angebot. Die Preise steigen trotzdem - aber langsamer als in der Schweiz. In den letzten zehn Jahren sind die Preise in beiden Ländern stark gestiegen, aber in der Schweiz um über 40 %, in Österreich etwas weniger.
Was bleibt: Rechtssicherheit vs. Flexibilität
Österreich bietet klare, einheitliche Regeln. Der Notar ist ein Garant für Transparenz. Das Grundbuch ist öffentlich. Die Steuern sind vorhersehbar. Das macht den Kauf sicher - besonders für Ausländer, die nicht mit den lokalen Gepflogenheiten vertraut sind.Die Schweiz bietet mehr Flexibilität - aber auch mehr Unsicherheit. Wer in einem Kanton lebt, kennt die Regeln. Wer von außen kommt, muss sich erst einarbeiten. Die kantonalen Unterschiede machen den Markt komplexer, aber auch vielfältiger. Wer in der Schweiz eine Immobilie kaufen will, braucht einen lokalen Experten - einen Anwalt oder Notar, der die kantonalen Besonderheiten kennt.
Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile. Österreich ist strukturiert und sicher. Die Schweiz ist individuell und komplex. Wer in einem der beiden Länder kauft, sollte nicht nur auf den Preis schauen - sondern auf den Prozess. Denn am Ende entscheidet nicht nur, was eine Immobilie kostet, sondern wie sicher man sie besitzt.
Muss der Kaufvertrag in Österreich von einem Notar erstellt werden?
Nein, ein Notar muss den Kaufvertrag nicht erstellen. Ein Anwalt kann ihn ebenso aufsetzen. Aber: Die Unterschriften beider Parteien müssen von einem Notar oder Gericht beglaubigt werden. Nur so wird die Urkunde grundbuchfähig. Viele Käufer wählen trotzdem einen Notar, weil er den gesamten Prozess sicher und transparent gestaltet - inklusive Prüfung der Rechtslage und Eintragung ins Grundbuch.
Warum ist die Eintragung ins Grundbuch in Österreich so wichtig?
In Österreich wird das Eigentum erst durch die Eintragung ins Grundbuch erworben - nicht durch den Vertrag. Nur wenn der Kauf dort steht, ist der Käufer rechtlicher Eigentümer. Das schützt ihn vor gutgläubigem Erwerb durch Dritte oder unbezahlten Belastungen. Ohne Eintragung bleibt der Käufer rechtlich nur Vertragspartner, aber nicht Eigentümer.
Kann ein Schweizer ohne Genehmigung in Österreich eine Immobilie kaufen?
Nur, wenn er seinen Hauptwohnsitz in Österreich anmeldet. Sonst braucht er die Genehmigung der Grundverkehr-Landeskommission. Diese prüft, ob der Kauf im öffentlichen Interesse liegt. Die Genehmigung dauert 4 bis 8 Wochen und wird oft abgelehnt, wenn es sich um eine Ferienimmobilie handelt. Wer in Österreich lebt, ist von dieser Regelung ausgenommen.
Warum sind Immobilienpreise in der Schweiz so viel höher als in Österreich?
Drei Hauptgründe: Weniger Angebot, höhere Nachfrage und geringere Bauaktivität. Die Leerquote in der Schweiz liegt bei nur 1,66 %, in Österreich bei 3,91 %. Das bedeutet: Fast alle Wohnungen sind belegt. Zudem baut die Schweiz deutlich weniger neue Wohnungen pro Einwohner - nur etwa halb so viele wie Österreich. Hohe Löhne und starke Nachfrage aus dem In- und Ausland treiben die Preise weiter nach oben.
Gibt es in der Schweiz eine öffentliche Datenbank mit Kaufpreisen?
Nein. Im Gegensatz zu Österreich ist die Transaktionspreis-Information in der Schweiz nicht öffentlich. Nur die Eigentümer und wenige Behörden können einsehen, was eine Immobilie tatsächlich gekostet hat. Das macht die Preisfindung für Käufer schwierig und führt oft zu Unsicherheiten. In Österreich hingegen ist der Kaufpreis im Grundbuch einsehbar - das schafft Transparenz.