Stolperfallen im Haus vermeiden: Teppiche, Kabel und Schwellen sicher beseitigen
Stürze im Haus sind kein Zufall. Sie passieren, weil etwas einfach nicht richtig gemacht wurde. Ein lose liegender Teppich, ein Kabel, das quer über den Flur läuft, eine kleine Türschwelle - all das klingt harmlos. Bis man darüber stolpert. Und dann ist es zu spät. Besonders für Menschen über 65 ist ein Sturz oft der Anfang vom Ende der Selbstständigkeit. In Deutschland entstehen durch häusliche Stürze jährlich Kosten von über 5,8 Milliarden Euro. Die meisten dieser Unfälle sind vermeidbar. Und zwar mit einfachen, günstigen Maßnahmen.
Teppiche: Die unsichtbare Falle
Teppiche und Läufer sind oft der erste Ort, an dem man anfängt zu suchen. Sie sehen schön aus, fühlen sich weich an - und sind doch eine der häufigsten Ursachen für Stürze. Schon eine Kante, die nur 5 Millimeter hoch ist, reicht aus, um jemanden zum Stolpern zu bringen. Das ist nicht viel. Aber für einen älteren Menschen, der nicht mehr so gut sieht oder die Füße nicht mehr so präzise setzt, ist das genug.Was viele nicht wissen: Teppichklebebänder aus dem Discounter halten oft nicht lange. Nach drei, vier Wochen lösen sie sich, die Kante rollt sich auf - und schon ist der Teppich wieder zur Falle geworden. Eine Studie der Aktion Das sichere Haus zeigt: Nur Antirutschmatten aus Nitrilgummi mit einer Dichte von mindestens 1,8 kg/m² halten wirklich, auch wenn der Boden feucht ist. Solche Matten gibt es ab 8,99 Euro im Baumarkt. Sie sind nicht schön, aber sie retten Leben.
Die beste Lösung? Teppiche und Läufer komplett entfernen. Wenn das nicht geht, dann nur noch solche mit fest eingewebten Rändern verwenden. Und immer darauf achten: Kein Teppich darf auch nur einen Zentimeter hoch sein. Messen Sie mit einem Lineal. Wenn es mehr als 3 mm ist, ist es kritisch.
Kabel: Der unsichtbare Feind
Kabel sind die zweithäufigste Ursache für Stürze. Sie liegen am Boden, weil sie nicht anders gehen. Der Fernseher ist hinten, die Steckdose vorne. Der Ladestrom für das Handy verläuft quer durchs Wohnzimmer. Und plötzlich - stolpern Sie drüber. 23 Prozent aller häuslichen Stürze passieren an Kabeln. Das ist fast jeder vierte Sturz.Die Lösung ist einfach: Kabel nicht am Boden verlegen. Kabelkanäle aus PVC sind die gängigste Lösung. Sie kosten ab 2,49 Euro pro Meter und lassen sich mit einem einfachen Cutter anbringen. Sie sind farblos, also unsichtbar, und halten bis zu 5 kg Gewicht aus. Wer mehr Stabilität will, greift zu Aluminiumkanälen. Die sind teurer (ab 8,99 Euro/m), schwerer und brauchen etwas mehr Arbeit beim Einbau. Aber sie halten länger und sind stabiler.
Ein Tipp aus der Praxis: Verwenden Sie Kabelschellen aus Edelstahl. Sie kosten nur 1,99 Euro pro Stück und können Kabel an der Wand oder unter dem Möbel festhalten. So bleibt nichts auf dem Boden liegen. Und wenn Sie mehr als zwei Kabel in einem Quadratmeter haben - dann ist es zu viel. Reduzieren Sie. Verwenden Sie Steckdosenleisten mit mehreren Anschlüssen, damit Sie weniger Kabel brauchen.
Schwellen: Die unsichtbare Kante
Türschwellen sind eine der gefährlichsten Stolperfallen. Sie sind oft nur 10 bis 15 Millimeter hoch - kaum sichtbar. Aber sie erhöhen das Sturzrisiko um das 2,7-fache. Warum? Weil das Auge sie nicht erkennt. Der Fuß aber schon. Und wenn der Fuß nicht mehr genau weiß, wo der Boden endet, dann hakt er sich ein.Die effektivste Lösung ist, die Schwelle komplett abzubauen. Das ist baulich aufwendig, kostet zwischen 150 und 400 Euro - aber es senkt das Sturzrisiko um 95 Prozent. Wenn das nicht möglich ist, dann verwenden Sie Schwellenkeile aus gummiertem Kunststoff. Sie sind 60 bis 100 cm lang, passen sich der Form an und gleichen Höhenunterschiede bis zu 25 mm aus. Sie kosten zwischen 15 und 30 Euro und lassen sich ohne Bohren anbringen.
Ein weiterer Trick: Farbliche Markierung. Nutzen Sie reflektierendes Klebeband in Leuchtfarben wie RAL 1007 (Helles Gelb). Es muss einen Kontrast von mindestens 70 Prozent zum Boden haben. Das bedeutet: Wenn der Boden dunkel ist, muss die Markierung hell sein - und umgekehrt. Ein Kontrast von weniger als 30 Prozent ist gefährlich. Das Auge erkennt die Kante nicht mehr. Die Aktion Das sichere Haus hat das in 15 Studien nachgewiesen.
Was funktioniert wirklich? Ein Vergleich
| Stolperfalle | Lösung | Kosten | Risikoreduktion | Aufwand |
|---|---|---|---|---|
| Teppich | Antirutschmatte (Nitrilgummi) | ab 8,99 € | 78 % | gering |
| Teppich | Teppich entfernen | 0 € | 100 % | gering |
| Kabel | PVC-Kabelkanal | ab 2,49 €/m | 85 % | gering |
| Kabel | Kabelschellen | ab 1,99 €/Stück | 90 % | gering |
| Schwelle | Schwellenkeil | 15-30 € | 60 % | mittel |
| Schwelle | Schwelle abbauen | 150-400 € | 95 % | hoch |
Die Zahlen sprechen für sich: Die teuerste Lösung ist auch die sicherste. Aber Sie müssen nicht alles auf einmal machen. Priorisieren Sie. Schwellen zuerst. Dann Kabel. Dann Teppiche. Jede Maßnahme senkt das Risiko - und jede macht Ihr Zuhause sicherer.
Wie gehen Sie vor? Ein praktischer Plan
Die Aktion Das sichere Haus empfiehlt einen klaren Dreischritt:
- Identifizieren: Gehen Sie durch Ihr Zuhause, am besten bei Tageslicht. Suchen Sie nach Teppichen, Kabeln und Schwellen. Messen Sie mit einem Lineal: Ist die Kante höher als 3 mm? Liegt ein Kabel quer über den Gang? Ist die Schwelle höher als 8 mm? Machen Sie eine Liste.
- Priorisieren: Welche Gefahr ist am größten? Schwellen sind die gefährlichsten, dann Kabel, dann Teppiche. Fangen Sie mit der größten Gefahr an.
- Umsetzen: Kaufen Sie die Lösungen. Installieren Sie sie. Testen Sie es: Gehen Sie langsam über den Boden, als würden Sie 75 sein. Spüren Sie die Unebenheiten? Dann ist noch etwas zu tun.
Planen Sie vier Wochen Zeit. Machen Sie es nicht an einem Tag. Und überprüfen Sie alle 60 bis 90 Tage neu. Möbel werden verschoben. Kabel werden verlegt. Neue Teppiche kommen. Die Gefahren ändern sich.
Was die Krankenkasse zahlt
Seit dem 1. Januar 2023 können gesetzlich Versicherte bis zu 100 Euro pro Jahr für Sturzpräventionsprodukte erstatten lassen. Das gilt für Antirutschmatten, Kabelkanäle, Schwellenkeile - alles, was direkt zur Beseitigung von Stolperfallen dient. Sie müssen es beim Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) beantragen. Ein einfaches Formular, ein Rechnungskopie - und schon wird es bezahlt. Viele wissen das nicht. Dabei ist es ein Recht, das oft ungenutzt bleibt.
Warum es so schwer ist, etwas zu tun
Fast jeder über 70 in Deutschland sagt: Ich weiß, dass Stürze gefährlich sind. Aber nur 28 Prozent tun etwas dagegen. Warum? Weil es unangenehm ist. Weil es kostet. Weil man denkt: „Mir passiert das nicht.“ Aber die Daten sagen etwas anderes: Wer einmal gestürzt ist, hat ein Dreifach-Risiko, erneut zu stürzen. Und jeder dritte Sturz führt zu schweren Verletzungen - Hüftbruch, Schädelverletzung, Knochenbrüche. Die Folgen sind oft lebenslang.
Es geht nicht darum, das Zuhause in ein Krankenhaus zu verwandeln. Es geht darum, kleine, klare Schritte zu machen. Einen Teppich zu entfernen. Ein Kabel zu verlegen. Eine Schwelle zu markieren. Das sind keine großen Bauprojekte. Das sind Lebensretter.
Was Sie jetzt tun können
Heute. Sofort. Gehen Sie in Ihr Wohnzimmer. Suchen Sie nach einem Teppich, der an einer Kante hochsteht. Ziehen Sie ihn weg. Legen Sie ihn beiseite. Gehen Sie zum Fernseher. Sehen Sie, ob ein Kabel auf dem Boden liegt. Nehmen Sie es hoch. Befestigen Sie es mit einer Kabelschelle. Gehen Sie zur Tür. Prüfen Sie die Schwelle. Ist sie höher als ein Fingerbreit? Dann notieren Sie: „Schwelle prüfen.“
Das ist alles. Kein großes Projekt. Kein teurer Umbau. Nur drei Schritte. Und sie kosten nichts - außer ein paar Minuten Ihrer Zeit. Aber sie retten möglicherweise Ihr Leben. Oder das Ihres Partners, Ihrer Eltern, Ihres Nachbarn.
Ein Haus ist kein Ort, an dem man stolpert. Ein Haus ist ein Ort, an dem man sicher ist. Und das lässt sich mit wenig Aufwand erreichen.
Wie hoch darf eine Türschwelle maximal sein, um sicher zu sein?
Eine Türschwelle gilt ab einer Höhe von 8 Millimetern als kritisch. Ab 10 mm erhöht sie das Sturzrisiko um das 2,7-fache. Ideal ist eine Höhe von 0 mm - also keine Schwelle. Wenn das nicht möglich ist, sollte sie mit einem Schwellenkeil ausgeglichen oder mit einem reflektierenden Klebeband in Leuchtfarbe (RAL 1007) sichtbar gemacht werden.
Welche Antirutschmatte ist die beste für Teppiche?
Die besten Antirutschmatten sind aus Nitrilgummi mit einer Dichte von mindestens 1,8 kg/m². Sie haften auch bei Feuchtigkeit und halten länger als Standardmatten aus Schaumstoff. Marken wie HSE24 oder Brennenstuhl bieten solche Matten an. Achten Sie auf das CE-Zertifikat. Billige Klebebänder aus dem Discounter lösen sich oft nach wenigen Wochen - und werden dann selbst zur Gefahr.
Kann ich Kabelkanäle selbst anbringen?
Ja, das ist für die meisten einfach. PVC-Kabelkanäle werden mit einem Cutter in die richtige Länge geschnitten und mit Kleber oder doppelseitigem Klebeband am Boden oder an der Wand befestigt. Sie müssen nicht bohren. Alu-Kanäle sind stabiler, aber schwerer und erfordern etwas mehr Handwerk. Für den Anfang reicht PVC völlig aus. Die Montage dauert pro Quadratmeter etwa 15 Minuten.
Wie viel kostet es, ein Haus barrierefrei zu machen?
Es muss nicht teuer sein. Die grundlegenden Maßnahmen - Teppiche entfernen, Kabelkanäle anbringen, Schwellen markieren - kosten zwischen 50 und 150 Euro. Wer eine Schwelle abbaut, investiert 150 bis 400 Euro pro Tür. Die gesetzliche Krankenkasse erstattet bis zu 100 Euro pro Jahr für Sturzpräventionsprodukte. Das bedeutet: Mit wenig Geld kann man schon viel sicherer machen.
Wann sollte ich meine Wohnung auf Stolperfallen prüfen?
Mindestens alle 60 bis 90 Tage. Denn Möbel werden verschoben, neue Kabel kommen hinzu, Teppiche rutschen. Was heute sicher war, kann morgen zur Falle werden. Machen Sie es zur Gewohnheit: Einmal im Quartal einen Rundgang durchs Haus machen - mit einem Lineal und einem kritischen Blick. Das ist die beste Vorsorge.