Haushaltsrechnung für die Baufinanzierung: So prüfen Banken Ihre Bonität
Wenn Sie eine Immobilie kaufen wollen, fragt die Bank nicht nur, wie viel Sie verdienen - sie will wissen, was Sie wirklich ausgeben. Die Haushaltsrechnung ist der entscheidende Schlüssel, mit dem Banken entscheiden, ob Sie einen Kredit bekommen. Es geht nicht um Ihre Traumvilla oder den letzten Urlaub. Es geht um Zahlen, die zeigen: Können Sie die monatliche Rate über 20, 30, ja sogar 40 Jahre zahlen? Und das ohne in Schwierigkeiten zu geraten.
Was genau ist eine Haushaltsrechnung bei der Baufinanzierung?
Die Haushaltsrechnung ist kein offizielles Formular, das der Staat vorschreibt. Sie ist eine interne Methode der Banken, um Ihre finanzielle Stabilität zu prüfen. Sie stellen einfach alles auf: Was kommt monatlich rein? Was geht monatlich raus? Der Unterschied - Ihr verfügbares Einkommen - ist das, was für die Kreditrate übrig bleibt.
Banken arbeiten nicht mit Ihrer persönlichen Lebensweise, sondern mit Pauschalen. Das klingt unfair? Ist es manchmal. Aber es ist Standard. In Deutschland nutzen 98 % der Banken und Sparkassen diese Methode. Sie orientieren sich am Verbraucherpreisindex (VPI) und setzen pauschal Beträge für Lebenshaltungskosten an. Ein Single bekommt oft 1.200 bis 1.500 Euro, ein Paar ohne Kinder 1.800 bis 2.200 Euro, eine Familie mit zwei Kindern bis zu 3.000 Euro. Das ist nicht Ihr echter Verbrauch - das ist ein Durchschnittswert, den die Banken für sicher halten.
Wie berechnet die Bank Ihre Kreditwürdigkeit?
Es gibt eine klare Regel: Banken dürfen maximal 35 % Ihres Haushaltsnettoeinkommens für die monatliche Kreditrate veranschlagen. Das ist nicht Ihr Bruttogehalt. Das ist Ihr Nettoeinkommen minus alle festen Ausgaben wie Miete, Versicherungen, laufende Kredite, Unterhalt. Was übrig bleibt, ist Ihr Spielraum.
Beispiel: Familie Müller verdient 5.408 Euro netto im Monat. Ihre festen Ausgaben betragen 3.508 Euro. Das ergibt 1.900 Euro frei verfügbares Einkommen. 35 % davon sind 665 Euro. Das ist die höchste Rate, die die Bank ihnen zutraut - egal, ob sie 1.000 Euro monatlich zahlen wollen. Wenn sie eine Immobilie für 400.000 Euro kaufen wollen, mit 10 % Eigenkapital und 2,5 % Zinsen, dann brauchen sie eine Rate von etwa 1.400 Euro. Die Bank sagt: Nein. Die Haushaltsrechnung zeigt: Zu viel Belastung.
Die Bank prüft auch Ihre Einkommensquelle. Festangestellte haben es einfacher. Sie brauchen nur die letzten drei Gehaltsabrechnungen und den letzten Lohnsteuerbescheid. Selbstständige? Da wird es kompliziert. Sie müssen mindestens drei Jahre Gewinn- und Verlustrechnungen vorlegen. Ein Jahr mit hohen Abschreibungen? Die Bank rechnet mit dem Durchschnitt der letzten drei Jahre. Kein Gewinn? Dann wird es schwierig.
Was zählt als Ausgabe - und was nicht?
Banken schauen nicht nur auf die großen Posten. Sie zählen alles zusammen:
- Miete oder Nebenkosten (wenn Sie noch wohnen)
- Strom, Wasser, Heizung
- Versicherungen (Haftpflicht, Hausrat, Krankenversicherung)
- Lebensmittel und Haushaltswaren
- Kleidung und Schuhe
- Verkehr (Auto, ÖPNV, Tanken, Versicherung)
- Freizeit, Urlaub, Restaurants
- Unterhalt für Kinder oder Ex-Partner
- Laufende Kredite (Auto, Consumer Credit, Ratenkredite)
- Beiträge zu privater Altersvorsorge
Was nicht zählt? Einmalige Ausgaben wie neue Möbel, eine Renovierung oder ein neues Handy. Auch Spenden oder Geld für Eltern zählen nicht als verpflichtende Ausgabe - es sei denn, es ist vertraglich festgelegt (z. B. Unterhalt).
Ein häufiger Fehler: Menschen schätzen ihre Ausgaben falsch ein. Sie denken: „Ich gebe 800 Euro für Essen aus.“ In Wirklichkeit sind es 1.200 Euro. Die Lösung? Holen Sie sich Ihre Kontoauszüge der letzten sechs Monate. Zählen Sie alles, was rausgegangen ist. Nicht schätzen. Rechnen.
Warum sind pauschalierte Werte problematisch?
Die Pauschalen sind der größte Kritikpunkt. Sie sind nicht individuell. Sie sind nicht realistisch - besonders in Städten wie München, Hamburg oder Frankfurt.
Ein Nutzer auf Reddit schrieb: „Wir wohnen in München. Unsere echten Lebenshaltungskosten liegen bei 2.600 Euro. Die Bank hat 1.800 Euro angesetzt. Das hat unseren Kreditrahmen um 50.000 Euro gekürzt.“ Das ist kein Einzelfall. Die Stiftung Warentest hat 42 Banken analysiert und festgestellt: Die Pauschalen variieren zwischen 1.100 und 1.900 Euro - je nach Institut. Sparkassen neigen dazu, konservativer zu sein. Privatbanken etwas liberaler.
Prof. Dr. Markus Beckmann von der Universität Mannheim sagt: „Die Pauschalen entsprechen oft nicht der Realität. Wer in einer teuren Stadt lebt, wird systematisch benachteiligt.“ Und das ist kein Fehler der Banken - das ist ein Systemfehler. Die Pauschalen basieren auf bundesweiten Durchschnittswerten. Sie ignorieren regionale Preisunterschiede, steigende Mieten und Inflation.
Aber: Banken dürfen nur pauschal rechnen, wenn sie auf aktuelle statistische Daten zurückgreifen. Die BaFin hat das 2023 klar geregelt. Sie dürfen nicht einfach willkürlich 1.500 Euro ansetzen, wenn der VPI 2.100 Euro zeigt.
Was brauchen Sie, um die Haushaltsrechnung zu erstellen?
Es ist nicht schwer - aber es braucht Vorbereitung. Hier ist, was Sie brauchen:
- Gehaltsabrechnungen der letzten drei Monate (inklusive Dezember des Vorjahres)
- Letzter Lohnsteuerbescheid
- SCHUFA-Selbstauskunft (kann online beantragt werden)
- Kontoauszüge der letzten 6 Monate (für echte Ausgaben)
- Für Selbstständige: Gewinn- und Verlustrechnung der letzten 3 Jahre
- Aktuelle Renteninformation (falls Rente schon bezogen wird)
- Nachweis über private Krankenversicherung (wenn zutreffend)
- Informationen über Insolvenzverfahren der letzten 5 Jahre (wenn zutreffend)
Einige Banken bieten heute digitale Tools an. Die Sparkasse München hat seit September 2023 ein KI-System, das automatisch aus Ihren Kontoumsätzen eine Haushaltsrechnung erstellt. Sie müssen nur Ihre Bankverbindung verknüpfen. Das spart Zeit - und reduziert Fehler.
Wie können Sie Ihre Chancen verbessern?
Die Haushaltsrechnung ist nur ein Teil der Bonitätsprüfung. Aber sie ist der entscheidende. Hier sind drei Tipps, die wirklich helfen:
- Reduzieren Sie laufende Kredite. Ein Auto-Kredit mit 200 Euro Rate? Tilgen Sie ihn vor der Kreditanfrage. Jeder Euro, den Sie weniger ausgeben, erhöht Ihre Kreditwürdigkeit.
- Erhöhen Sie Ihr Eigenkapital. Je mehr Sie selbst einbringen, desto geringer ist die Kreditsumme - und desto niedriger die Rate. 20 % Eigenkapital statt 10 % kann den Unterschied machen.
- Warten Sie, wenn Ihr Einkommen unsicher ist. Wenn Sie in einem Job mit variabler Bezahlung arbeiten (z. B. Freelancer, Vertrieb), warten Sie, bis Sie mindestens zwei Jahre stabile Einkünfte haben. Ein Jahr mit hohen Umsätzen zählt nicht - die Bank schaut auf den Durchschnitt.
Und: Machen Sie die Haushaltsrechnung vor der Kreditanfrage. Nicht als Antwort auf die Bank, sondern als Werkzeug für sich selbst. Viele Kreditnehmer sagen: „Ich habe erst durch die Haushaltsrechnung gemerkt, dass ich mir das Haus gar nicht leisten kann.“ Das ist kein Misserfolg. Das ist kluge Vorsorge.
Was passiert, wenn die Haushaltsrechnung negativ ist?
Negativ bedeutet: Die Rate übersteigt 35 % Ihres verfügbaren Einkommens. Dann wird die Bank ablehnen - oder nur einen kleineren Kredit gewähren.
Die Zahlen sprechen Klartext: Bei positiver Haushaltsrechnung werden 82,4 % der Kreditanträge genehmigt. Bei negativer Haushaltsrechnung nur 7,3 %. Das ist kein Zufall. Die Banken haben gelernt, dass Kredite mit zu hoher Belastung scheitern. Die Finanzkrise hat das gelehrt.
Wenn Sie abgelehnt werden, ist das nicht das Ende. Es ist ein Signal. Nutzen Sie es. Reduzieren Sie Ausgaben. Sparen Sie mehr. Warten Sie ein Jahr. Dann kommen Sie mit einer besseren Rechnung zurück. Die Bank wird es Ihnen danken - und Sie werden es auch.
Wie sieht die Zukunft aus?
Die Haushaltsrechnung wird sich verändern. Digitalisierung und mehr Daten machen sie präziser. Banken bekommen Zugriff auf Echtzeitdaten: Wie viel Sie wirklich ausgeben, wann Sie bezahlen, wie sich Ihr Einkommen entwickelt. Die Pauschalen werden langsam abgelöst - nicht durch komplexe Modelle, sondern durch echte Zahlen.
Prof. Beckmann sagt: „Die Zukunft liegt in ganzheitlichen Finanzanalysen. Die Bank wird nicht nur schauen, was Sie jetzt ausgeben - sie wird fragen: Was passiert, wenn Sie in drei Jahren eine Beförderung bekommen? Oder wenn Ihr Partner krank wird?“
Das klingt nach mehr Arbeit - für die Bank und für Sie. Aber es ist fairer. Es berücksichtigt Leben - nicht nur Zahlen.
Wie hoch darf die monatliche Rate bei der Baufinanzierung sein?
Banken erlauben maximal 35 % Ihres verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens für die monatliche Kreditrate. Das ist Ihr Nettoeinkommen minus alle festen Ausgaben wie Miete, Versicherungen, laufende Kredite. Wenn Sie 2.000 Euro frei verfügbares Einkommen haben, darf die Rate nicht höher als 700 Euro sein. Dieser Wert ist eine interne Bankenregel - nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber in der Praxis bindend.
Warum werden Selbstständige oft abgelehnt?
Selbstständige haben oft schwankende Einkommen. Banken rechnen mit dem Durchschnitt der letzten drei Jahre. Ein Jahr mit hohen Gewinnen zählt nicht, wenn die anderen Jahre niedrig waren. Außerdem fehlt oft ein stabiler Gehaltsnachweis. Sie müssen detaillierte Gewinn- und Verlustrechnungen vorlegen - und oft auch eine Steuerberater-Bescheinigung. Wer nur ein Jahr Erfahrung hat, hat kaum Chancen.
Kann ich die pauschalierten Lebenshaltungskosten der Bank anpassen?
Ja - aber nur, wenn Sie echte Belege vorlegen. Wenn die Bank pauschal 1.800 Euro ansetzt, Sie aber in München 2.500 Euro ausgeben, bringen Sie Ihre Kontoauszüge der letzten 6 Monate mit. Zeigen Sie, wie viel Sie wirklich für Miete, Strom, Lebensmittel und Verkehr ausgeben. Ein guter Berater akzeptiert das - besonders, wenn die Zahlen konsistent sind.
Was passiert, wenn ich meine Ausgaben falsch angebe?
Wenn Sie Ihre Ausgaben unterschätzen, bekommen Sie einen Kredit, den Sie nicht zurückzahlen können. Das führt zu Zahlungsproblemen, Schufa-Einträgen und im schlimmsten Fall zur Zwangsvollstreckung. Banken prüfen später auch Ihre Konten - und wenn sie sehen, dass Sie mehr ausgeben, als Sie angegeben haben, können sie den Kredit kündigen. Ehrlichkeit ist die einzige sichere Strategie.
Brauche ich eine SCHUFA-Selbstauskunft für die Haushaltsrechnung?
Ja. Die Haushaltsrechnung zeigt, wie viel Sie ausgeben können. Die SCHUFA zeigt, ob Sie in der Vergangenheit pünktlich gezahlt haben. Beides gehört zusammen. Eine gute Haushaltsrechnung mit schlechter SCHUFA führt oft zur Ablehnung. Eine schlechte Haushaltsrechnung mit guter SCHUFA auch. Die Bank braucht beide Bilder.