Grenzen der DIY-Elektrik und -Sanitär: Was erlaubt ist in Deutschland
Stell dir vor: Du willst eine neue Steckdose in die Küche einbauen, weil du endlich deinen Kaffeevollautomaten direkt an der Arbeitsplatte haben willst. Du hast schon Videos gesehen, die zeigen, wie einfach das sein soll. Du schaltest den Strom ab, nimmst den alten Deckel ab, ziehst die Kabel durch - und dann passiert es: Die Sicherung springt. Nicht nur einmal. Mehrmals. Und plötzlich riecht es nach verbranntem Kunststoff. Du rufst den Elektriker - und der sagt: „Das war kein einfacher Fehler. Die Leitung ist überlastet, die Kabel sind falsch angeschlossen, und die Dose sitzt in einer Zone, die gar nicht erlaubt ist.“ Die Reparatur kostet 420 Euro. Und die Versicherung zahlt nicht. Warum? Weil du selbst dran warst.
Was darfst du wirklich selbst machen?
In Deutschland ist die Grenze zwischen erlaubt und verboten klar - aber viele wissen sie nicht. Die rechtliche Grundlage ist die Niederspannungsanschlussverordnung (NAV). Sie sagt: Wer nicht als Elektrofachkraft zugelassen ist, darf nur sehr begrenzte Arbeiten durchführen. Alles andere ist nicht nur gefährlich, sondern auch rechtswidrig.Was du darfst:
- Defekte Glühbirnen in Lampen austauschen - egal ob in der Küche, im Bad oder im Flur.
- Durchgebrannte Sicherungen im Zählerschrank wechseln - aber nur, wenn du sicher weißt, welche Sicherung das ist. Kein Raten. Kein Probieren. Nur wenn du die Nummer oder Farbe genau kennst.
- Steckdosen für nicht ortsfeste Geräte anschließen - also zum Beispiel deinen Staubsauger, den Fernseher oder den Laptop-Lader. Solange du nichts in die Wand bohrst oder Kabel verlegst.
- Leerrohre stemmen - also Löcher in die Wand machen, um später Kabel durchzuziehen. Aber nur, wenn ein Elektriker danach die Verkabelung übernimmt und die Installation abschließt.
Das ist alles. Nicht mehr. Nicht weniger.
Was ist streng verboten?
Wenn du eines dieser Dinge machst, riskierst du nicht nur dein Leben - du machst dich auch strafbar:
- Steckdosen oder Schalter einbauen oder austauschen - egal ob alt oder neu, ob im Bad oder im Wohnzimmer.
- Lampen oder Lichtschalter an der Decke anschließen - auch wenn du den alten Kabelsalat abgemacht hast und glaubst, du kannst ihn „nur wieder richtig machen“.
- Kabel in der Wand verlegen - egal ob in Putz, Estrich oder hinter der Wandverkleidung. Selbst wenn du nur ein Kabel von der Steckdose zur Lampe legst.
- Sicherungshalterungen wechseln - auch wenn die alte kaputt ist. Das ist kein Austausch, das ist eine Veränderung der Anlage.
- Arbeiten im Bereich der Hausanschlusssicherung - also hinter dem Zählerschrank. Das ist der Punkt, ab dem die Verantwortung des Netzbetreibers beginnt. Und da darfst du nicht mehr hinein.
- Sanitärinstallationen in der Wand verlegen - also Wasserleitungen, Abflüsse oder Heizungsrohre. Selbst wenn du nur eine neue Dusche anschließen willst, brauchst du einen Fachmann.
Warum ist das so streng? Weil Strom und Wasser keine Spielzeuge sind. Ein falsch angeschlossener Schalter kann in der Schwelbrandphase bis zu 72 Stunden lang unbemerkt brennen - und dann ist es zu spät. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) sagt: Jeder fünfte tödliche Stromunfall in Deutschland passiert in Privathaushalten - und fast immer, weil Laien sich zu viel zutrauten.
Warum ist Sanitär nicht anders?
Die Regeln für Sanitär sind fast noch strenger. Du darfst nicht mal eine neue Dusche anschließen, wenn du die alte rausgenommen hast. Selbst wenn du nur einen neuen Wasserhahn einbaust - wenn du dabei die Rohre verlegst, die Dichtheit prüfst oder den Abfluss veränderst, brauchst du einen Fachmann.
Warum? Weil Wasser nicht nur schadet, wenn es läuft - sondern auch, wenn es nicht läuft. Ein undichter Abfluss unter dem Waschbecken kann nach Monaten die Holzkonstruktion des Bodens zerstören. Ein falsch verlegtes Rohr in der Wand kann zu Schimmel führen - und das ist nicht nur teuer, sondern auch gesundheitsschädlich.
Was du darfst im Sanitär-Bereich:
- Den Wasserhahn wechseln - aber nur, wenn du die Wasserzufuhr abstellst, die Dichtungen tauschst und die Anschlüsse nicht veränderst.
- Die Spülkasten-Technik im WC austauschen - also die Mechanik, die spült. Aber nicht die Leitungen, die dahinter liegen.
- Die Duschwand oder die Badewanne reinigen - aber nicht die Verkleidung oder die Abdichtung verändern.
Was du nicht darfst:
- Neue Wasserleitungen verlegen - egal ob in der Wand, im Boden oder in der Decke.
- Abflussrohre umleiten - auch nicht, wenn du nur eine Dusche um 10 Zentimeter verschieben willst.
- Heizkörper anschließen oder umstellen - das ist eine Veränderung des Heizkreislaufs und muss von einem Installateur geprüft werden.
- Die Abdichtung im Bad erneuern - auch wenn du nur die Fliesen wechselst. Die Abdichtung ist Teil der Installation - und darf nur von einem Fachmann gemacht werden.
Was passiert, wenn du es trotzdem machst?
Die Strafen sind nicht nur finanziell - sie sind auch rechtlich.
Wenn du eine Elektroinstallation selbst machst und der Netzbetreiber das bei einer Prüfung entdeckt - was immer häufiger passiert - bekommst du ein Bußgeld. Im Jahr 2023 wurden über 14.000 Verstöße gegen die NAV erfasst. Die Strafe: bis zu 5.000 Euro. Und das ist nur der Anfang.
Wenn dein Haus brennt, weil du eine Steckdose falsch angeschlossen hast - dann zahlt deine Wohngebäudeversicherung nicht. Die R+V Versicherung hat analysiert: 73 Prozent der Schäden durch DIY-Elektrik werden nicht erstattet. Warum? Weil du gegen die NAV verstoßen hast. Und die Versicherung sagt: „Wir decken keine Schäden, die durch rechtswidrige Handlungen entstanden sind.“
Und wenn du deine Wohnung vermietest? Dann ist das noch schlimmer. Ein Mieter, der durch deine unsachgemäße Installation verletzt wird, kann dich auf Schadensersatz verklagen - und das geht bis in die sechsstellige Höhe.
Warum ist Deutschland so streng - und andere Länder nicht?
In Österreich oder den Niederlanden darfst du zum Beispiel Steckdosen selbst einbauen - unter bestimmten Bedingungen. In Deutschland nicht. Warum?
Weil die Zahl der tödlichen Stromunfälle hier deutlich niedriger ist. 2010 gab es 87 Tote durch Stromunfälle in Privathaushalten. 2022 waren es nur noch 42. In Spanien - wo die Regeln lockerer sind - stieg die Zahl von 38 auf 51 im selben Zeitraum.
Die Technik wird komplexer. Smart-Home-Systeme, Solaranlagen, Ladestationen für Elektroautos - all das braucht Fachwissen. Die VDE hat im März 2024 erstmals Steckdosen mit integriertem Fehlerstromschutz zertifiziert, die sicherer sind. Aber: Auch diese dürfen nur von Fachleuten in die Wand eingebaut werden. Du darfst sie nur anschließen - wenn sie schon da sind.
Was solltest du wirklich tun?
Wenn du etwas verändern willst - plane es. Suche dir einen Elektriker oder Installateur. Frag nach einem Festpreis. Lass dich beraten. Viele Handwerker bieten heute sogar eine kostenlose Vor-Ort-Beratung an.
Und wenn du sparen willst? Dann mach nur das, was erlaubt ist. Stemme die Löcher. Hole die Kabel. Bereite alles vor. Und dann lass den Profi machen. Das ist nicht nur sicherer - es ist auch billiger. Denn eine falsche Installation kostet dich 200, 300, 500 Euro - und das ist nur der Anfang. Die Folgekosten - Schimmel, Brandschäden, Versicherungsverweigerung - sind viel höher.
Die Bundesnetzagentur hat im Juli 2024 die Kampagne „Strom sicher“ gestartet. Sie zeigt Videos, wo du genau sehen kannst, was erlaubt ist und was nicht. Schau sie dir an. Bevor du loslegst. Denn manchmal ist der beste Heimwerker der, der weiß, wann er die Werkzeuge weglegt und den Profi ruft.
Die Zukunft: Werden die Regeln gelockert?
Nein. Im Gegenteil. Ab dem 1. Januar 2026 tritt eine neue NAV in Kraft - mit noch strengeren Kontrollen. Netzbetreiber müssen alle Anlagen hinter der Hausanschlusssicherung alle fünf Jahre prüfen. Das bedeutet: Jeder, der sich selbst dran versucht, wird früher oder später entdeckt.
Und die Versicherungen? Sie werden noch strenger. Die Allianz hat angekündigt, ab 2025 bei nachweislich unsachgemäßen DIY-Elektrikarbeiten systematisch nicht mehr zu zahlen. Das wird die Zahl der selbstgemachten Installationen bis 2025 um 15 Prozent senken - und das ist gut so.
Die Technik wird komplexer. Die Anforderungen steigen. Und die Risiken auch. Wer heute glaubt, er könne mit YouTube und einem Schraubenzieher die Elektrik seines Hauses modernisieren, irrt sich. Die Grenzen sind nicht willkürlich. Sie sind da, weil Menschen gestorben sind. Weil Häuser abgebrannt sind. Weil Familien ihr Zuhause verloren haben.
Es geht nicht um Kontrolle. Es geht um Sicherheit.
Darf ich eine Steckdose selbst einbauen?
Nein. Der Einbau oder Austausch von Steckdosen, Schaltern oder Lichtschaltern ist in Deutschland strikt verboten, wenn du keine zugelassene Elektrofachkraft bist. Selbst wenn du nur eine alte Steckdose durch eine neue ersetzen willst - das ist eine Veränderung der festen elektrischen Anlage und darf nur von einem zugelassenen Installateur durchgeführt werden. Wer das trotzdem macht, riskiert ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro und die Nichterstattung durch die Versicherung im Schadensfall.
Darf ich eine Glühbirne selbst wechseln?
Ja. Der Austausch von defekten Leuchtmitteln in bereits installierten Lampen ist erlaubt - egal ob es sich um eine Deckenleuchte, eine Stehlampe oder eine Küchenabzugsleuchte handelt. Du darfst nur die Lampe herausnehmen und eine neue hineinstecken. Du darfst nicht die Leuchte selbst verändern, nicht die Kabel berühren und nicht den Sockel austauschen. Solange du nur die Glühbirne wechselst, bist du in Ordnung.
Darf ich im Bad eine neue Dusche anschließen?
Nein. Selbst wenn du nur den Duschkopf wechselst, darfst du die Wasserleitung nicht verändern. Jede Veränderung an der Sanitärinstallation - egal ob Rohr, Abfluss oder Ventil - muss von einem zugelassenen Installateur durchgeführt werden. Das gilt auch für die Abdichtung unter der Dusche. Wer das selbst macht, riskiert Wasserschäden, Schimmel und eine Nichtversicherung im Schadensfall. Die Abdichtung ist Teil der Installation - und darf nur von Fachleuten ausgeführt werden.
Darf ich Kabel in der Wand verlegen?
Nein. Das Verlegen von Stromkabeln in Wänden, Decken oder Böden ist in Deutschland streng verboten, wenn du keine Elektrofachkraft bist. Selbst wenn du nur ein Kabel von der Steckdose zur Lampe legen willst - das ist eine Veränderung der festen Anlage. Du darfst nur Leerrohre stemmen, aber nicht die Kabel einziehen. Die Verkabelung muss von einem zugelassenen Elektriker durchgeführt werden. Wer das selbst macht, macht sich strafbar und gefährdet die Sicherheit des ganzen Hauses.
Was passiert, wenn ich eine selbstgemachte Elektroinstallation verkaufe?
Wenn du eine Wohnung oder ein Haus verkaufst, musst du den Käufer über alle Veränderungen informieren - und das gilt auch für DIY-Elektrik. Wenn der Käufer später einen Elektriker holt und feststellt, dass Steckdosen oder Leitungen von Laien verlegt wurden, kann er den Verkauf rückgängig machen oder Schadensersatz verlangen. Zudem kann die Versicherung des Käufers bei einem Schaden nicht zahlen - und der Verkäufer bleibt haftbar. Es ist also nicht nur illegal - es ist auch ein Risiko für deine finanzielle Zukunft.
Was tun, wenn du schon etwas selbst gemacht hast?
Du hast schon eine Steckdose eingebaut? Oder ein Kabel in die Wand gezogen? Dann tu nichts. Warte nicht. Lass es nicht einfach so.
Ruf einen Elektriker. Sag ihm, was du gemacht hast. Er prüft die Installation. Wenn alles in Ordnung ist - gut. Wenn nicht - er macht es richtig. Und er stellt dir ein Prüfprotokoll aus. Das ist wichtig - besonders, wenn du später verkaufst oder versicherst.
Du kannst nicht zurück. Aber du kannst es richtig machen. Und das ist der wichtigste Schritt.
Heidi Floyd
November 3, 2025 AT 19:15Ich hab letzte Woche eine Steckdose selbst eingebaut… und jetzt zittere ich jedes Mal, wenn ich den Lichtschalter betätige. 😅 Vielleicht war das keine gute Idee.
Angela Westbrook
November 3, 2025 AT 20:44Nein, das ist nicht nur gefährlich - das ist grammatikalisch falsch im Sinne von Rechtswidrigkeit. Die NAV ist kein Vorschlag, es ist ein Gesetz. Wer das ignoriert, ignoriert auch die Grundlagen der Sicherheit. Punkt.